Am Halleschen Waisenhaus gab es im 18. Jahrhundert zwei pharmazeutische Einrichtungen: die Waisenhaus-Apotheke und die Medikamenten-Expedition. In den Laboren letzterer wurden in großem Maßstab hauseigene Präparate produziert, die nicht nur in der Waisenhaus-Apotheke verkauft, sondern auch weltweit bis nach Indien und Nordamerika verschifft wurden.
Alchemie in den Franckeschen Stiftungen
Kuratorin Claudia Weiß stellt Alchemistinnen des 18. Jahrhunderts vor und verrät, wo Sie das Rezept der Universalmedizin Essentia Dulcis in den Sammlungen der Franckeschen Stiftungen finden würden. Der Verkauf der nach einem alchemistischen Rezept hergestellten Goldtinktur erbrachte wichtige Einnahmen für das Hallesche Waisenhaus.
Viele der hallischen Medikamente hatten alchemistische Herstellungsvorschriften. Ein Beispiel ist die berühmte Goldtinktur Essentia Dulcis. Mittels Destillation, Extraktion usw. erhielt man Präparate, die eine ›geistige‹ Wirkung im Körper entfalten sollten – im Gegensatz zur heute angenommenen rein materiellen Wirkung.
Ein Labormodell aus der Modellsammlung der Kunst- und Naturalienkammer führt noch heute wichtige Voraussetzungen der alchemistischen Arbeit vor Augen, die auch für die Produktion von Arzneimitteln nach chemischen Verfahren grundlegend waren. Die Miniaturöfen des Modells stellen verschiedene Ofentypen aus Backsteinen, Lehm und Eisen dar. Unter ihnen befinden sich Destillieröfen mit Einsätzen für Sand- und Wasserbäder sowie ein sogenannter Windofen mit Schornstein. Mit unterschiedlichen Öfen konnte man verschiedene Hitzegrade erreichen. Brennmaterialien waren Holz oder Holzkohle.
Wenig bekannt ist, dass in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen zwei Drucke von Alchemistinnen aus dem 18. Jahrhundert zu finden sind. Eine von ihnen. Juliana Wallich, war mit dem hallischen Mediziner und Chemiker Georg Ernst Stahl bekannt. In ihrem Traktat weist die Autorin einen langen und einen kurzen Weg zur Universaltinktur, die gleichbedeutend ist mit dem Stein der Weisen in flüssiger Form.