Grundlage der medizinischen Organisation der Franckeschen Stiftungen war eine Vielfalt fortschrittlicher hygienischer Maßnahmen, die Krankheiten vermeiden sollten. An der Spitze der Organisation stand der Medicus Ordinarius, der »ordentliche« (= angestellte) Arzt. Dieser wurde von regelmäßigen Beiträgen, die die auswärtigen Schüler zahlten, unterhalten: eine frühe Form der Krankenkasse! Er führte auch chirurgische Eingriffe durch, die ansonsten von handwerklich ausgebildeten Chirurgen vorgenommen wurden.
Die pietistische Medizin verbindet den Körper und die Seele durch das Gemüt. Es wird als eine Schnittstelle zwischen der Außenwelt und dem Inneren des Menschen verstanden. Die Erhaltung der Gemütsruhe wurde deshalb zu einer zentralen Grundlage für die Gesundheit.
Das Gemüt als Schnittstelle wird durch die Affekte beeinflusst. Spontane Affekte wie Schrecken, negative wie Zorn oder Gier konnten Krankheitsursachen sein genauso wie übersteigerte positive Gefühlslagen, etwa Liebe und Freude.
Was würden die Halleschen Pietisten einem Gichtkranken raten, der es sich an einer reich gedeckten Tafel gut gehen lässt? Wie stehen sie zu einem saftigen Braten und seiner recht alkohollastigen Einkaufsliste auf dem Boden?
Ein gichtkranker Mann genießt sein Festmahl, Aquatinta von G. Hunt, 19. Jahrhundert, Reproduktion. London, Wellcome Collection. Attribution 4.0 International (CC BY 4.0): 10511i
Die Notwendigkeit der körperlichen Bewegung
Im 18. Jahrhundert wurde die »Motion« zum Unterrichtsfach in den Schulen der Glauchaschen Anstalten. In den sogenannten Recreationsstunden sollten die Schüler etwas lernen, während sie sich in sinnvollem Maße bewegten und entspannten. Empfohlen wurden auch nützliche Arbeiten in Bewegung, wie z.B. das Drechseln an der Drechselbank, das ebenfalls Bestandteil des Stundenplans am Pädagogium Regium war.